Umweltinformatik
In diesem Schwerpunkt der Angewandten Informatik werden Informatiksysteme im Umweltbereich zusammen mit verschiedenen Kooperationspartnern (Umweltinstitute und Unternehmen) konzipiert und umgesetzt. Dazu gehören Softwarewerkzeuge für die Umweltmodellierung, die umweltbezogene Simulation von Verkehrs- und Logistiksystemen, die Entwicklung von Umwelt- und Stoffstrommanagementsystemen, betriebliche Umweltinformationssysteme sowie Modellierung von Offshore-Windkraftanlagen. Darüber hinaus wurden die Wechselwirkungen von Informationstechnik und Umwelt analysiert (Ökologische Technikfolgenabschätzung).
Was ist Umweltinformatik?
Die Umweltinformatik ist eine recht junge Teildisziplin der Angewandten Informatik. Mit Methoden und Techniken der Informatik werden von ihr umweltrelevante Informationsverarbeitungsverfahren analysiert und gestaltet.
Sie verfolgt damit das Ziel, einen Beitrag zur Untersuchung, Behebung, Vermeidung oder Minimierung von Umweltbelastungen und Umweltschäden zu leisten.
Beispiele für umweltinformatische Forschungs- und Entwicklungsprojekte der MBS-Professur sind KrOW, EmTrAs und SystOp. In der MBS-Professur haben Sie als Studenten die Möglichkeit, in diesen Projekten mitzuarbeiten. Außerdem können Sie in den Lehrveranstaltungen bzw. in Abschlussarbeiten einzelne Themen zur Umweltinformatik zu bearbeiten.
Entwicklung der Umweltinformatik
Die Umweltinformatik hat sich seit ihren Anfängen Mitte der achtziger Jahre zu einer relevanten Spezialdisziplin der Angewandten Informatik entwickelt. In einer Informatiker-Umfrage des "Informatik Magazins" bereits Mitte der 90er Jahre wurde der deutschen Umweltinformatik im internationalen Vergleich eine Spitzenstellung zugewiesen.
Eine der Keimzellen der deutschen Umweltinformatik befindet sich am Hamburger Informatik-Fachbereich, von dem wesentliche Impulse für den Aufbau dieses jungen Informatikanwendungsgebietes ausgegangen sind; so der Aufbau des Fachausschusses 4.6 "Umweltinformatik" in der Gesellschaft für Informatik (GI), die (Mit-)Veranstaltung zahlreicher Fachtagungen (z.B. der jährlichen EnviroInfo; die 27. EnviroInfo soll 2013 wieder in Hamburg stattfinden) und zahlreiche Publikationen (z.B. Handbuch zur Umweltinformatik, regelmäßige Publikationen in den EnviroInfo-Tagungsbänden).
Neben der vorrangig ökologisch orientierten Umweltinformatik (Umweltmonitoringsysteme, Umweltdatenbanken für die verschiedenen Umweltmedien, Umweltinformationssysteme für staatliche Umweltbehörden auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene, ökologische Anwendungen raumbezogener Informationssystem (GIS), Ökosystem-modellierung und deren Softwareunterstützung, Visualisierungsmethoden für komplexe Umweltdaten, wissensbasierte Methoden und Systeme für ökologische Fragestellungen etc.) hat sich in den letzten 15 Jahren eine stärkere Verlagerung der Schwerpunkte der Umweltinformatik in Richtung der informationstechnischen Unterstützung des betrieblichen Umweltschutzes ergeben. Diese Ausweitung der Sichtweise der Umweltinformatik ist vor allem auch vor dem Hintergrund der seinerzeit aufgekommenen Diskussion zur Nachhaltigkeit zu sehen, die neben der rein ökologischen Sicht auch ökonomische und soziale Fragestellungen mit einbezieht.
Betriebliche Umweltinformatik
Umweltinformatik hat es sich zur Aufgabe gemacht, Umweltinformationssysteme im betrieblichen und überbetrieblichen Kontext (Betriebliche Umweltinformationssysteme/BUIS) zu entwickeln. Eine der konzeptionellen Grundlagen bilden die Modellierungsmethoden der an diesem Fachbereich entwickelten Stoffstromnetze. Sie bilden das Fachkonzept eines computergestützten ökologischen Rechnungswesens für Unternehmen. Ausgehend von einer periodenbezogenen Stoffstromanalyse für Wertschöpfungssysteme als vernetzte Strukturen werden betriebliche Umweltbilanzen erstellt und mit Hilfe ergänzender Verfahren produktbezogene Ökobilanzen, Wirkungsabschätzungen und stoff- und energie-strombasierte Kostenrechnungen durchgeführt. Die theoretischen Arbeiten an den Konzepten wurden im Rahmen des Technologietransfers praktisch umgesetzt, sowohl in Form von Software als auch in der betrieblichen Praxis. Neben dem Einsatz in den Betrieben dient der Ansatz der Stoffstromnetze und die darauf aufbauende Ökobilanzierungssoftware (z.B. Umberto, das von der ifu-Hamburg, einem Spin-Off des Fachbereichs Informatik, entwickelt und weltweit vermarktet wurde) mittlerweile in zahlreichen Forschungsprojekten als Modellierungswerkzeug.
Eine weitere Forschungsthematik stellt die Entwicklung eines Simulationswerkzeuges dar, das neben der üblichen Simulationsfunktionalität insbesondere auch Fragestellungen des betrieblichen Stoffstrommanagement mit einbezieht. Neben der auftragsbezogenen Sichtweise eines Produktionsprozesses wird mit diesem Werkzeug somit auch eine stoff- und energieflussbasierte Sichtweise auf einen betrieblichen Produktionsprozess geschaffen werden. Dieser Ansatz ermöglicht im Vergleich zu bestehenden statischen Stoffstromwerkzeugen auch eine dynamische Sichtweise. Der Stoffstromsimulator Milan, der diese integrierte konzeptionelle Sichtweise auf Produktions- und Logistiksysteme erstmals in ein entsprechendes Softwarewerkzeug umsetzt, wurde im Rahmen eines Promotionsvorhabens prototypisch realisiert und wird kontinuierlich ausgebaut (u.a. spezielle Modellierungsbausteine für die Halbleiterproduktion (in Zusammenarbeit mit Prof. Wohlgemuth von der HTW Berlin). Dies erfolgte vor allem im Rahmen des Technologietransfer-Projekts mit dem Unternehmen Vishay Siliconix Itzehoe GmbH.
Diese Rückkopplung mit der Praxis erlaubt den Nachweis der Tragfähigkeit der Konzepte und gibt wichtige Impulse für die Weiterentwicklung.
EnviroInfo-Konferenz
Die EnviroInfo ist die führende internationale und interdisziplinäre Tagung über innovative umweltbezogene Informations- und Kommunikationstechnik (ICT) und stellt sowohl den derzeitigen Stand als auch die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Umweltinformatik dar. Im Jahr 2013 fand diese traditionsreiche Konferenz findet bereits zum 27. Mal statt und wurde von der Universität Hamburg ausgerichtet.